22.06.2006 | Rubrik: Presse | Thema: Umwelt / Natur | Stichwort: Fluglärm
Novellierung Fluglärmgesetz: Ein Gesetz muss die Menschen schützen – nicht den Fluglärm!
Bündnisgrüne stellen Resolution im Kreistag zur Abstimmung
Zur Novellierungsvorlage des Fluglärmgesetzes, die derzeit in Berlin beraten wird, hat die Kreistagsfraktion eine Resolution für die Kreistagssitzung am 12. Juli 2006 eingebracht, die ein Signal gegen dieses Vorhaben nach Berlin senden soll.
„Der vorliegende Entwurf ignoriert die Ergebnisse des Mediationsverfahrens zum Frankfurter Flughafenausbau genauso wie getroffene Gerichtsentscheidungen“, führt Maria Sator-Marx, flughafenpolitische Sprecherin der Fraktion aus Neu-Isenburg dazu aus, „Die Gesundheit der Menschen muss Vorrang genießen – ein Nachtflugverbot darf nicht verzichtbar sein!“
Insbesondere kritisieren die Kreistagsgrünen im Gesetzentwurf, dass für die Menschen der Rhein-Main-Region andere Regeln gelten sollen als andernorts. „Der Gesetzentwurf ist erkennbar eine „Lex Fraport, wenn strengere Lärmgrenzwerte erst für Flughäfen gelten sollen, die nach 2011 planfestgestellt werden“, so Maria Sator-Marx, „Menschen leiden überall genauso und eine unterschiedliche Behandlung ist durch nichts zu rechtfertigen!“
Auch die Stellungnahme, die der Lärmgutachter Dr. Kühner für die Stadt Neu-Isenburg erarbeitet hat, belegt, dass bereits jetzt bestehende Lärmwerte ungenügend berücksichtigt und die prognostizierten Werte für den Ausbau heruntergespielt werden.
Nach der Berliner Vorlage sollen künftig tagsüber Dauerschallpegel von 65 Dezibel und 55 Dezibel in der Nacht erlaubt sein*. Zudem sieht der Entwurf lediglich passive Lärmdämpfungsmaßnahmen vor wie z.B. Schallschutzfenster. Diese können zudem bei Neu- und Ausbaumaßnahmen bis 2018 gestreckt werden, sodass die Betroffenen bis zu 12 Jahren ungeschützt unter unzumutbarem Lärm leiden müssten. Die vorgesehene Verkleinerung der Schutzzonen verschärft zudem diese Problematik.
„Erkenntnisse der Lärmforschung werden in der Vorlage komplett ignoriert“, unterstreicht Maria Sator-Marx und führt dazu die so genannte 100/100-Regelung an, die im Entwurf durch die „Sigma-Regelung“ ersetzt wurde „ein Grenzwert darf sich nicht an der Summe des Lärms orientieren – auch Menschen, die beispielsweise nur bei bestimmten Wetterlagen vom Lärm betroffen sind, brauchen Schutz für ihre Gesundheit.“
Mit den Stimmen der großen Koalition hatte der Kreistag Offenbach im Jahr 2000 beschlossen, nur eine Ausbaulösung für den Frankfurter Flughafen auf der Grundlage des Mediationsergebnisses zu akzeptieren. „Insofern ist auch der Kreistag gefragt, gegen die Novellierungsvorlage zu protestieren, die schlechter für die Region kaum sein könnte: sie widerspricht selbst der Beschlusslage des Kreistages und bringt für die Bürgerinnen und Bürger im Kreisgebiet schlechtere Lebensbedingungen als für die Anrainer anderer Flughäfen“, so Maria Sator-Marx abschließend, „Ein Verzicht auf das Gesetz wäre besser als dieser Entwurf. Sinnvoll wäre aber ein Entwurf, der dem Anspruch auf gesundheitserhaltenden Lärmschutz tatsächlich genügt – eine `Lex Fraport´ braucht die Region nicht!“
Ausdrücklich begrüßt die Kreistagsfraktion die Resolution zum Fluglärmgesetz, die die Initiative Zukunft Rhein-Main mit dem Raunheimer Bürgermeister Thomas Jühe und anderen Aktiven am kommenden Freitag in Berlin den zuständigen Bundestagsabgeordneten übergeben wird.
„Allerdings wollen wir die 100/100-Regelung nicht ersetzt wissen“, erläutert Maria Sator-Marx die in einem Punkt abweichende Meinung der Grünen.
* Ergebnisse des Mediationsverfahrens zum Frankfurter Flughafen:
Schwellenwert: Zur Vermeidung von erheblichen Belästigungen dürfen 62 dB (A) im Dauerschallpegel nicht überschritten werden.
Vorsorgewert: Aus Vorsorgegründen ist eine Obergrenze von 60dB(A) ein anzustrebendes Ziel.
Besonders für die Sicherung der Nachtruhe reicht die Betrachtung des Dauerschallpegels allerdings nicht aus. Hier kommt es in besonderem Maße auf die Einzelschallereignisse an, weshalb nach Ansicht der Mediationsgruppe maximal Einzelschallpegel von 52 bis 53 dB(A) am Ohr des Schläfers nicht häufiger als sechs bis elf mal pro Nacht überschritten werden dürfen.
Umweltbundesamt zum Thema Fluglärmauswirkungen:
- Bei Fluglärmbelastungen von 55 dB(A) tags und 45dB(A) nachts wird die Grenze zu erheblichen Belästigungen erreicht.
- Bei Fluglärmbelastungen von 60 dB(A) tags und 50 dB(A) nachts sind aus präventivmedizinischer Sicht Gesundheitsbeeinträchtigungen zu befürchten.
- Bei Fluglärmbelastungen oberhalb von 65 dB(A) tags und 55 dB(A) nachts sind Gesundheitsbeeinträchtigungen in Form von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erwarten.