12.04.2007 | Rubrik: Anträge | Thema: Verkehr | Stichwort: Flughafen
Stellungnahme zum PFV für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main
zu DS 0353/2007: Änderung des ausgelegten Planes – hier: Ergänzende Beteiligung von Behörden nach §73 Abs. 8 Satz 1 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz
Änderungsantrag zur Kreistagssitzung am 25. April 2007
Beschlussempfehlung:
Die Vorlage des Kreisausschusses wird wie folgt ergänzt:
- Lärm / Gutachten G 10.1. Flugbetriebsbedingte und sonstige Geräuschimmissionen ausgehend vom Gelände des Flughafens Teil B, Roll- und Bodenlärmuntersuchung:
Zusatz S. 2 oben: „Die im Fluglärmschutzgesetz angewandte Berechnung nach der AzB (Anleitung zur Berechnung von Fluglärm) wird als strenger erachtet als die von der Vorhabensträgerin angewendete Sigma-Regelung: Der für Zeppelinheim angegebene Wert von 51,5 beinhaltet demzufolge bereits in Ansehung des Rechenverfahrens eine Unterschätzung. Im Übrigen wird die Angabe von Halbjahres-Mittelungspegeln im Zusammenhang mit Triebwerksprobeläufen zurückgewiesen, da sie in keinem Zusammenhang mit der Belästigungswirkung dieser Probeläufe steht. Zurückgewiesen wird auch die Behauptung in dem Gutachten G12.2 (s. 24) dass hinsichtlich der Triebwerksprobeläufe in den Zeiten, in denen keine Triebwerksprobeläufe stattfinden, eine Erholungsphase eintritt. Dies verneint vollständig das Vorhandensein von Fluglärm in der Nacht. Es steht im Übrigen im Widerspruch zu der besonderen Sensibilität der Nachtstunden zwischen 5 Uhr und 6 Uhr, in der die meisten Triebwerksprobeläufe stattfinden.
Hier besteht dringender Handlungsbedarf, um diese für die Bevölkerung negativen Auswirkungen zu vermeiden.“ - Gutachten G 12.2 Spezieller Teil Bewertung der Lärmbelastung der Anwohner des Flughafens:
Zusatz S. 3 oben: Diese für die Bevölkerung negativen Auswirkungen sind zu vermeiden. - Betriebsrichtung:
Zusatz S. 3 Mitte: Diese für die Bevölkerung in Heusenstamm, Dietzenbach und Dreieich-Offenthal negativen Auswirkungen sind zu vermeiden. - Flugbewegungen / Flugrouten:
Absatz 4 / letzter Satz wird gestrichen und durch folgenden Satz ersetzt: „Eine zutreffende Beurteilung der mit der Planung tatsächlich zu erwartenden Lärmbelastungen ist nur auf der Grundlage einer gutachterlich ermittelten und qualitätsgesicherten Bemessung der maximal nutzbaren technischen Kapazität der geplanten Bahnkonfiguration möglich. Der Antragstellerin ist aufzugeben, eine solche vorzulegen.
Darüber hinaus wird bemängelt, dass die Luftverkehrsprognose bis 2020 zu kurz greift: Da es als völlig ausgeschlossen erscheint, dass Fraport zum Ausbau der Nordwestbahn vor dem Jahr 2014 in den vorläufigen Besitz der für den Ausbau notwendigen Grundstücke eingewiesen werden kann, ist nicht mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2010 zu rechnen. Es wird deshalb nochmals auf die Notwendigkeit einer Prognose für die Jahre 2025 – 2030 hingewiesen, wie in der Stellungnahme des Kreises vom März 2005 angeführt. - Verkehr:
Hinsichtlich des ÖPNV wird ergänzt:
Gegenüber dem ursprünglichen Planungsfall, welcher für Zeppelinheim für den Verkehr aus Richtung Frankfurt zwar eine Erhöhung prognostizierte und diese Erhöhung flughafenbezogen mit z.T. mehr als 20% bezifferte, wird nunmehr eine Erhöhung von bis zu 75% prognostiziert. Ungeklärt ist, ob der Bhf Zeppelinheim für die Aufnahme des Umsteigerverkehrs geeignet ist, ob Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen des Bahnhofs zu erfolgen haben, ob diese überhaupt realisierbar sind und wer – sofern erforderlich – die Kosten trägt!
(s. dazu auch Ergänzung Absatz e)
Über die in der Vorlage aufgeführten Punkte hinaus wird ergänzt: *
- Grundlegendes:
- Die Flughafenbetreiberin hat das Planfeststellungsrecht unterlaufen. Beispielsweise gibt es für die 4 Schnellabrollwege an der Südbahn keine Planfeststellung. Nur für einen weiteren Schnellabrollweg wurde jetzt die Planfeststellung beantragt. Insgesamt sind ca. 60% der Flughafenbetriebsflächen nicht planfestgestellt.
Es ist festzustellen, dass ein „Flickenteppich“ planfestgestellt werden soll.
Insofern wird die Einleitung eines neuen Planfeststellungsverfahrens gefordert. - Durch die Neuanlage der Nordwestbahn wird ein unabhängiger Bahnbetrieb für Landungen möglich. Damit wird der Charakter der Südbahn für die Steigerung der Kapazität grundlegend verändert zum Nachteil der betroffenen Bevölkerung u.a. im Kreisgebiet Offenbach.
- In den Antragsunterlagen sind keine Entschädigungsansprüche dargestellt. Dies wird genauso bemängelt wie die Unterlassung der Vorbelastungssituation beispielsweise für Neu-Isenburg.
- Das Gutachten G8 belegt, dass eine Nachfrage von ca. 65 Mio Passagieren ohne weitere bauliche Maßnahmen realisiert werden kann. Eine entsprechende Entwicklung der Verkehrsnachfrage mit einem jährlichen Wachstum von 1-1,5% würde es noch nicht einmal im Jahre 2020 erforderlich machen, eine zusätzliche Landebahn bereitzustellen. Insofern muss von einer reinen Vorratsplanung ausgegangen werden. Um die Kapazitäten zu füllen, müssten weitere Verkehre (Fracht, Low Cost Carrier) herangezogen werden, die aus Allgemeinwohlgründen unerwünscht sind. Die Vorhabensträgerin wird deshalb aufgefordert, eine Liste der Nachfragen vorzulegen.
- Ohne Erklärung geht das Gutachten G8 zwischen 2010 und 2020 von einer Steigerung der Passagiere um 28 Mio aus, während das alte Gutachten zwischen 2005 und 2015 von einer Steigerung um 25,8 Mio ausging. Nicht nachvollziehbar ist der plötzliche Wechsel von überwiegendem Originärverkehr zu Umsteigerverkehr. Da ein Originärverkehr in seinen verkehrlichen Folgen am Boden sich – insbesondere auch für den Kreis Offenbach – erheblich unterscheidet, wird die Vorhabensträgerin aufgefordert, dies darzulegen. (s. dazu auch S. 6/7 der KA-Vorlage)
- Lt. neuer Prognose G8 ist das Netzmodell Grundlage für den Planungsflugplan, der wiederum Input für die Lärmberechnungen ist (G8, S. 95). Ein Abgleich des Planungsflugplanes für den Planungsfall mit dem Datenerfassungssystem (DES) des Planungsfalles zeigt nicht nachvollziehbare Abweichungen zwischen Planungsflugplan und DES. Offensichtlich wurden die Lärmberechnungen des Planungsfalls mit „leiseren“ und kleineren Flugzeugen durchgeführt als der Planungsflugplan ausweist. Damit sind die Fluglärmberechnungen falsch und geben nicht die tatsächliche Belastung wieder. Im Vergleich zum Planungsnullfall werden die Auswirkungen der auf falschen Ausgangsdaten beruhenden Fluglärmberechnungen noch dramatischer. Ein Vergleich von Planungsflugplan und DES ist nicht möglich, da für den IST-Fall 2005 kein Planungsflugplan eingestellt wurde. Es muss aber angenommen werden, dass im IST-Fall entweder eine falsche AzB-Gruppenverteilung oder eine fehlerhafte Fluglärmberechnung vorliegt. Die Vorhabensträgerin wird deshalb zu einer transparenten, auf gleichen Flottenmixen beruhenden, vergleichenden Darstellung aufgefordert.
- Der demografische Wandel muss in die gutachterliche Bewertung einbezogen werden.
- Die Auswirkung der Entwicklung an anderen Flughäfen wird nicht untersucht, was bemängelt wird: Neben Luftverkehrsverlagerungen in Golfstaaten werden weder Entwicklungen in Wien, Zürich, Berlin-Schönefeld noch München betrachtet.
- Die Flughafenbetreiberin hat das Planfeststellungsrecht unterlaufen. Beispielsweise gibt es für die 4 Schnellabrollwege an der Südbahn keine Planfeststellung. Nur für einen weiteren Schnellabrollweg wurde jetzt die Planfeststellung beantragt. Insgesamt sind ca. 60% der Flughafenbetriebsflächen nicht planfestgestellt.
- Siedlungsbeschränkung:
Bei einer Siedlungsbeschränkungslinie von 60 dB(A) (100%-Regelung, AZB 84) beträgt der Verlust von einer 28 Hektar großen Siedlungsfläche in Neu-Isenburg 15 Hektar für den Planungsfall 2020 bzw. 53,6 Hektar. Dies bedeutet eine gravierende Beeinträchtigung der Planungshoheit der Kommune und in Folge eine gravierende Beeinträchtigung des Kreises Offenbach. Diese Beeinträchtigung ist zu vermeiden. - Lärm:
- Bezüglich des Gutachtens zur Bewertung des Lärms in der Umgebung des Flughafens wird auf die Stellungnahme von Dr. Maschke verwiesen. Nach Dr. Maschke ist insbesondere den tieffrequenten Geräuschen eine besondere Bedeutung für den Schlaf zuzumessen. Dem genügen die vorgelegten Unterlagen nicht. Insbesondere hat er außerdem darauf hingewiesen, dass die vorhandenen Dämmungen an den Gebäuden gegen tieffrequenten Schall von nur geringer Wirkung sind. Dies wurde von der Vorhabensträgerin nicht untersucht, was bemängelt wird. Bezüglich der Bewertung des Nachtlärms wird es für erforderlich gehalten, dass Aufweckpotential als Schutzkriterium anzuwenden.
- Es wird bemängelt, dass kein Gutachten eine Untersuchung darüber enthält, wie sich die hohe Anzahl von Einzelschallereignissen am Tag, die nicht hörschädigend sind, auf die Bevölkerung in der Umgebung des Flughafens auswirkt.
- Es wird darauf hingewiesen, dass der vereidigte Sachverständige Dr. Kühner die Unterschätzung des Fluglärms im Umfeld des Flughafens mit 1,6 dB(A) beziffert. Darüber hinaus weist Dr. Kühner nach, dass mit der von der Vorhabensträgerin benutzten Berechnung die Häufigkeit der Ereignisse, die den Schwellenwert übersteigen, systematisch unterschätzt werden. Er belegt eine Unterschätzung von bis zu 70%, zu der er ausführt, dass diese Abweichung, und auch höhere, regelmäßig auf dem Stadtgebiet von Neu-Isenburg von der Fa. Debakom gemessen würden. Hieraus ergibt sich, dass die NAT-Konturen mit großen Fehlern verbunden sind, was sich nachteilig auf die Einwender auswirkt, sofern diese Kriterien zur Bestimmung von Schallschutz herangezogen werden.
- Für Neu-Isenburg nimmt die Belastung aufgrund der Landebahn Süd, die zukünftig fast ausschließlich als Landebahn genutzt wird, durch die Prognose für das Jahr 2020 noch zu. Lt. Prognose werden 45,2% der Landungen aus der Hauptbetriebsrichtung auf der Südbahn landen. Für 2015 war noch ein Anteil von 45% angenommen worden. Hieraus könnte ein Trend abzulesen sein, der zu einer über die Jahre hinweg zunehmenden Verschlechterung der Situation der Stadt Neu-Isenburg führt.
- Mit Verweis auf die Darlegungen in der Stellungnahme des Kreisausschusses zum Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens vom März 2005 S.13 `Besonders schutzwürdige Bereiche` und die dort aufgeführte Gefährdung der Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler wird darauf hingewiesen, dass zwar von der Vorhabensträgerin Handlungsbedarf für die Selma-Lagerlöff-Schule in Zeppelinheim und der Wilhelm-Hauff-Schule sowie für die aufgrund der Lärmprognose im Jahr 2020 zu sanierenden Brüder-GrimmSchule Handlungsbedarf anerkannt wird, nicht jedoch beispielsweise für die Ludwig-Uhland-Schule in Gravenbruch. Es wird nochmals darauf verwiesen, dass – entgegen den Ausführungen von Prof. Jansen in der Erörterung – der Schulbetrieb nicht ganzjährig bei geschlossenem Fenster stattfinden kann!
- Durch die Erhöhung des Bewegungseckwertes auf 126 Flugbewegungen in der Stunde verschärft die Vorhabensträgerin die Lärmbelastungssituation. Durch die spätere Festlegung von Flugrouten, die einzelne Gemeinden im Umkreis von bis zu 30 km um den Frankfurter Flughafen erheblich mit Lärm beeinträchtigen, gehört insbesondere die Stadt Mühlheim. Der Antragstellerin ist abzufordern, die möglichen Flugrouten in Abstimmung mit der Flugsicherung so darzulegen, dass eine Überprüfung der Plausibilität von An- und Abflugverfahren möglich ist und damit die Lärmbelastungssituation eingeschätzt werden kann. Die Vorausschau muss die Funktion haben, die erkennbaren Belastungssituationen so darzulegen, dass auch die entsprechenden Betroffenheiten erkannt werden können. Dies ist gegenwärtig nicht der Fall.
- Natur-Umwelt-Klima:
- Neben dem Verlust von FFH-Gebieten und der Beschädigung des Netzes Natura 2000 durch einen Ausbau zum Schaden der Bevölkerung wird bemängelt, dass der Eingriff in Natur und Landschaft nicht durch Maßnahmen im selben Naturraum, d.h. dem Rhein-Main-Tiefland, ausgeglichen werden kann, wie es rechtlich vorgeschrieben ist.
- In die Gesamtbetrachtung sind Ausgleiche für Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau stehen, einzubeziehen: z.B. S-Bahn-Anbindung, Gateway-gardens usw.
- Die angebliche Kompensation der Auswirkungen des Flugverkehrs in der Summe durch die Abnahme der Belastungen durch den KFZ-Verkehr wird bezweifelt.
- Die besondere Schädlichkeit der CO2-Werte durch Flugverkehr muss in die Bewertung einbezogen werden. Die von der Vorhabensträgerin prognostizierten CO2-Emissionen müssen angesichts der klimatologischen Situation mit besonders hohem Gewicht in die Abwägung eingestellt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Klimawandel eine unumkehrbare Umweltfolge ist und deshalb zusätzliche Beiträge nicht zugelassen werden dürfen.
- Ökonomische Folgen:
Für das Terminal 3 ist ein weiterer Flächenzuwachs von 2 Hektar angegeben, was nicht durch Passagierzahlen begründet werden kann. Von der Erweiterung der gewerblichen Flächen am Terminal 3 sind maßgeblich Kommunen im Kreis Offenbach, insbesondere im Westkreis, betroffen: Die gewerblichen Flächen schwächen die Kaufkraft in den Kommunen und führen zur Unverwertbarkeit der gewerblichen Immobilien. Ein Büro- und Ladenlokalleerstand führt zu erheblichen Einkommensverlusten und senkt die Attraktivität. - Nachtflugverbot:
Unter Hinweis auf die Stellungnahme des Kreises Offenbach vom März 2005 unterstreicht der Kreis die Feststellung, dass „der Kreis Offenbach im Sinne der Kreistagsresolutionen vom 16.2.00 und 5.4.00 keinen weiteren Spielraum für ein Abweichen vom Nachtflugverbot in der Zeit von 23.00h bis 5.00h sieht.“
Der Vertreter des Landes Hessen Dr. Grönefeld hat gutachterlich dargestellt, dass sich ein Nachtflugverbot nur auf die Nordwestbahn beziehen könnte. Ein derart eingeschränktes Nachtflugverbot ist für den Kreis Offenbach keineswegs akzeptabel.
Begründung:
Negative Auswirkungen eines möglichen Flughafenausbaus für die Bevölkerung des Kreises Offenbach sind zu vermeiden.
* s. dazu: „Einwendung und Stellungnahme / Planfeststellungsverfahren für den geplanten Ausbau des Flughafens Frankfurt am Main; „Änderungen“ des ausgelegten Planes / Ergänzende Öffentlichkeitsbeteiligung und ergänzende Beteiligung von Behörden und von privatrechtlichen Trägern nach § 73 Abs. 8 HVwVfG“ von RA K. Haldenwang vom 15.3.07